Die Partnerschaft sollte der Ort sein, an dem Sicherheit und Geborgenheit erlebt werden. Zeigen sich in diesem intimen Beziehungsgeflecht erste Anzeichen einer Gewaltdynamik, sind diese oft
schwer zu erkennen. Häufig geschieht dies in Form von psychischer Gewalt, wie (versteckter) Abwertung und zunehmender Isolierung der Betroffenen. Solche Episoden verlaufen in Wellen und können
sich zu körperlicher Gewalt bis hin zu Vergewaltigung entwickeln. Kommt es in einer Beziehung zu körperlicher Gewalt, bleibt es meistens nicht bei einem Mal. Es kann sich traumatisierend auf die
Betroffene und weitere Familienmitglieder auswirken. Von Gewalt in der Partnerschaft betroffen zu sein, führt häufig zu Scham- und Schuldgefühlen. Die Verantwortung für die Gewalt liegt immer bei
demjenigen, der sie ausübt.
Studien belegen, dass jede vierte Frau in Deutschland seit ihrem 16. Lebensjahr häusliche Gewalt erfahren hat. In der Schwangerschaft steigt die Gefährdung, Gewalt in der Partnerschaft zu
erleiden, an. Das Bild der meisten Menschen von einer Schwangerschaft geht ausschließlich von einer schönen und glücklichen Zeit aus. In der Regel ist eine Schwangerschaft aber immer auch von
widersprüchlichen Empfindungen und auch Unsicherheiten geprägt. Sie kann von der Frau als körperlich belastend erlebt werden, hormonelle Schwankungen können zu starken Emotionen mit schnellen
Wechseln führen, oder die erwartete Verantwortung löst Ängste und Selbstzweifel aus. All das kann sich auch auf die Beziehung des Paares auswirken.
Die werdenden Eltern erleben in der Schwangerschaft einen Übergang, besonders beim ersten Kind, in eine ganz neue Lebensphase. Dies kann zu einem Gefühl der Überforderung, dem Aufleben
alter Konflikte und zu neuen Beziehungskrisen führen. Die Umstellung des Paares während der Schwangerschaft auf das Elternsein kann auch als Verlust erlebt werden, z.B. an Selbständigkeit,
Freizeit, finanziellem Spielraum. Wendet sich die Frau im Verlauf der Schwangerschaft emotional zunehmend dem Kind zu, kann dies Verlustangst beim Partner auslösen. Diese Veränderung kann als
Bedrohung eines funktionierenden Systems, das Teil der eigenen Identität geworden ist, empfunden werden. Hinzu kommt beim Partner möglicher Weise der Druck, nun zeitweise allein für die
Versorgung der Partnerin und des (weiteren) Kindes verantwortlich zu sein. Gelingt der Umgang mit diesen Herausforderungen und Gefühlen nicht, können sie in Gewalt gegen die Partnerin
münden.
Gewalt in der Schwangerschaft stellt eine starke Belastung für die körperliche und psychische Gesundheit der Frau dar, in einer Zeit in der sie Schutz und Fürsorge benötigt. Für das
heranwachsende Kind kann das Gewalterleben der Mutter Auswirkungen auf die körperliche, geistige und emotionale Gesundheit haben. Es ist gut, sich frühzeitig Hilfe zu holen, auch wenn Sie sich
/Du Dir nicht sicher sind/bist: „ob es schlimm genug“ ist. In einer der Schwangerenberatungsstellen können Sie/kannst Du besprechen, was Dich beschäftigt. Oder Sie wenden sich/Du wendest Dich
direkt an eine der Frauenberatungsstellen im Kreis Schleswig-Flensburg und in Flensburg, das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ oder bei akuter Gefährdung an die Polizei.
Auch nach der Geburt des Kindes können erhebliche Belastungen auftreten: z.B. durch die ständige Anforderung der Versorgung des Kindes, durch auftretende Schwierigkeiten wie z.B. häufiges Weinen, Probleme beim Trinken und der Gewichtszunahme oder gesundheitliche Schwierigkeiten beim Kind. Können solche Belastungen nicht ausgeglichen werden (durch Strategien zum Stressabbau und zur Impulskontrolle und/oder durch Entlastung durch Familie oder Freunde) kann es auch in dieser Zeit zu Gewalt in der Partnerschaft kommen.
Sie sollten/Du solltest mit so einer belastenden Situation nicht alleine bleiben. Eine Möglichkeit ist es beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016 rund um die Uhr Unterstützung, auch mit Sprachmittlerinnen, zu bekommen.
Oder Sie wenden sich/Du wendest Dich direkt an eine Frauenberatungsstelle im Kreis Schleswig-Flensburg oder in Flensburg. Dort können Sie/kannst Du persönliche, telefonische oder Online-Beratung
in Anspruch nehmen. Die Beratungen sind kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym.
In einer akuten Bedrohungs- oder Gewaltsituation ist es gut, die Polizei unter „110“ anzurufen. Die Polizei hat dann die Möglichkeit, eine Wegweisung auszusprechen. Der gewalttätige Partner kann der Wohnung verwiesen werden. Die von Gewalt Betroffene erhält ein Beratungsangebot von einer Frauenfachberatungsstelle, um psychosoziale Beratung zu bekommen und sich über mögliche weitere Schritte zu informieren.
Außerdem besteht die Möglichkeit, in einem Frauenhaus gemeinsam mit dem Kind/den Kindern Schutz zu suchen. Die Frauenberatungsstellen sind bei der Suche nach einem Frauenhausplatz behilflich.